Kultur und Weindas beschauliche MagazinWeinernte in Apulien auf dem Weingut © Agricola Felline AGRICOLA FELLINE Die Identität von Primitivo & Zinfandel
Am Absatz des Stiefels, die geographisch korrekte Bezeichnung lautet „der Salento“, liegt die Stadt Manduria. Sie war namensgebend für eine ganz besondere Variation des Primitivo, einer einst unterschätzten und doch in jeder Beziehung großen Rotweinsorte. Er gilt als der „rote Faden des Lebens“ der Winzer dieser italienischen Region. Längst ist er in höchster Qualität in Flaschen erhältlich. Wenn man aber auf seine Geschichte blickt, so findet man über Jahrzehnte einen „vino sfuso“, den im Fass gehandelten Wein, der in erster Linie im Norden des Landes für die Verbesserung dort erzeugter Rotweine dazugeschnitten wurde. Gekeltert wurde er einst in den „Palmenti“, einer urtümlichen Methode, in der die Trauben mit nackten Füßen getreten und dann mit einem tonnenschweren Lavastein ausgepresst wurden. Der Saft vergärte in Wannen und wurde in großen Holzfässern schließlich ausgebaut
Es war die Zeit, als die Adeligen gezwungen waren, Land an die Bauern abzutreten, das umgehend mit Weinbergen bestückt wurde. Gregorio Perucci war einer der Pioniere, der die Qualität von vier verschiedenen Bodentypen für diese Sorte erkannte. Die schwarze, die rote, die weiße Erde und der Sand in den Dünen tragen entscheidend zum jeweiligen Charakter der dort gereiften Trauben bei. Er war aber auch Geschäftsmann, der mit seinem Unternehmen den Wein der anderen Familienbetriebe en gros verkaufte. Sein Sohn Costantino richtete in den frühen 1960er-Jahren schließlich einen eigenen Keller ein. Die alten Mühlsteine verschwanden. Ihren Platz nahmen nun Genossenschaften ein, die das angelieferte Traubenmaterial zu einem allerdings einheitlichen Wein verarbeiteten. Costantino konnte damals ganze Tankschiffe in den Häfen Gallipoli, Taranto und Brindisi füllen und war zu einem der größten italienischen Exporteure von Fasswein gewachsen.
Die Sensation schlechthin bahnte sich jedoch schon zwei Jahrzehnte davor an. Professor Austin Goheen von der University of California Davis besuchte 1967 seinen Freund Giovanni P. Martelli in Bari. Dort fiel dem amerikanischen Wissenschaftler bei einem Glas Primitivo eine erstaunliche Ähnlichkeit zum kalifornischen Zinfandel auf. In der Accademia dei Racemi wurden beide Sorten eingehend untersucht. Zuerst wurde der Name Zinfandel auf seine wahrscheinliche Herkunft geprüft. Es könnte die Gegend von „Sinfarosa“ sein, die seit jeher für ihren Primitivo bekannt war. Dank eines in Apulien aufgepfropften Ablegers der prestigeträchtigen Zinfandel-Variante Geyserville von Ridge konnte die amerikanische Forscherin Carol Meredith zweifelsfrei feststellen, dass Primitivo und Zinfandel genetisch identisch sind. Gregory wurde darob die Ehre zuteil, als einziges „nichtamerikanisches Mitglied“ in den renommierten Verband namens ZAP (Zinfandel Advocates and Producers) aufgenommen zu werden. Präsentationsraum des Weingutes © Agricola Felline Im Angebot des Weingutes findet sich neben dem Primitivo damit auch der Zinfandel, was bei Verkostungen unter Umständen zu erstaunten Blicken, mit Sicherheit aber zu begeisterten Kommentaren führt. Topbewertungen bei Gambero Rosso oder Slow Wine sind an der Tagesordnung. Man ist stolz darauf, dass die Primitivos ausgesprochen trocken sind, der Rosé mit eleganter Farbe reüssiert und keine Reserve vor Ablauf von zehn Jahren in den Handel kommt. Dass all das bestens funktioniert, ist jedoch der „famiglia“ zu verdanken. Sie schließt über verwandtschaftliche Beziehungen hinaus das Team des Hauses mit ein, eben ganz in der bäuerlichen Tradition der rührigen Vorfahren. |