Kultur und Weindas beschauliche MagazinBarockstatue im Freigut Thallern © Freigut Thallern KRAFTORT THALLERN Vom Stiftsweingut zum Wein-Genuss
Anno 1141 – eine Jahreszahl, die man sich erst auf der Zunge zergehen lassen muss – übergab Markgraf Leopold IV. Weingärten und Bauplatz für einen Meierhof als Schenkung an den Zisterzienserorden. Nutznießer war das Stift Heiligenkreuz im Wienerwald, das im Freigut Thallern nach dem Vorbild von „Clos de Vougeot“ im Burgund Wein kelterte und damit zu einem – heute würde man sagen – Leitbetrieb dieser Region wurde. Nicht nur die für die nunmehr so benannte Thermenregion typischen Traubensorten wie Zierfandler und Rotgipfler gedeihen prächtig auf den 30 Hektar, deren Böden von Verwitterungsbraunerde und Muschelkalk dominiert sind und sich über die Ortschaften Gumpoldskirchen und Pfaffstätten erstrecken. Zu höchster Qualität reifen auch die Trauben u. a. von Riesling und Chardonnay. Klöster hatten die Kunst des Weinbaus von den Römern in das Mittelalter herüber gerettet und waren damit die ersten bedeutenden Weingüter Mitteleuropas. Als Gottesmänner sorgten die Patres und Brüder auch für das Seelenheil ihrer Arbeiter.
In Thallern zeugt davon die Johannes Kapelle mit dem kunsthistorisch bemerkenswerten Altar von Giovanni Giuliani. Der im 17. Jahrhundert beliebte Venezianische Bildhauer unterstrich das Thema auf eindrucksvolle Weise. Er ließ Jesus an einem Rebstock(!) kreuzigen, angelehnt an das Bibelwort „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“. Um das Gebäude herum wurden barocke Statuen mit tiefem symbolischen Inhalt gruppiert und für das leibliche Wohl bald ein Wirtshaus eingerichtet. Das Wichtigste ist und bleibt aber der beeindruckende Keller, in dem heute Barriquefässer die ungestörte Reife großer Weine garantieren.
Nach vielen Jahrhunderten hat das Kloster die Führung des Weinguts anstelle des geistlichen Cellerars (Kellermeisters) in die Hände eines weltlichen Managements übertragen. Geschäftsführerin Katharina Graner ist verantwortlich für das umfangreiche Angebot im Freigut Thallern, das von der Gebietsvinothek über touristische Angebote bis zum Betrieb eines Hotels reicht. Die Weine werden traditionell von den besten Winzern der Thermenregion gekeltert. Aktuell sind Florian Alphart, Leo Aumann, Lorenz Alphart sowie Paul und Ferdinand Gebeshuber in der Bewirtschaftung der Weingärten und der Vinifizierung am Freigut Thallern zugange. Impression aus dem alten Klosterkeller © Freigut Thallern Der Weißweinanteil beträgt 60%, die restlichen 40% der Rieden mit klingenden Namen wie „Wiege“, „Ronald“ oder „Student“ sind mit roten Sorten bestockt. Mit der Vinothek ist aus dem einstigen Geheimtipp längst ein Treffpunkt anspruchsvoller Connaisseure geworden. Bei einer Verkostung im behutsam modernisierten historischen Ambiente fällt es dem Weinfreund gar nicht leicht, das Beste aus dem Besten für sich herauszukosten. Aber man hat ja Zeit, wenn man – am besten mit der Schnellbahn – hinausfährt, um einen Tag mit dem Glas in der Hand in dieser Zauberwelt zu verbringen.
Trotzdem können einige Nächte im gemütlichen Boutique-Hotel kein Fehler sein. „Die dicken Mauern erzählen von längst vergangenen Zeiten und hinter jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken. Kein Zimmer gleicht dem anderen. Diesen Charme konnten wir dank Denkmalschutz und viel Liebe zum Detail für unsere Gäste erhalten“, schwärmt Katharina Graner und weist gerne auf den Mix aus historischen Unikaten und Wohnkomfort auf höchstem Niveau hin. 24 Stunden offen ist die Weinbar, Kaffee & Tee werden selbstverständlich angeboten und die großzügige Grünanlage ist eine unwiderstehliche Einladung zum Lustwandeln auf den Spuren weinkundiger Mönche und trinkfreudiger Prälaten. Statistik |