Fernöstliches Lebensgefühl mit Streetfood und Asia-Cocktails
„Es genügt, wenn Sie Hao zu mir sagen, alles andere wäre zu kompliziert“, sagt lächelnd der junge Mann, der den Sunny Rainday serviert. Bis das Essen kommt, hat man Gelegenheit, den Appetit mit diesem erfrischenden Cocktail und einem Stück Puffreis sanft zu pflegen. Schon als Kind ist Hao aus einer „Kleinstadt“ mit zwei Millionen Einwohnern nahe Schanghai nach Österreich gekommen, hat an der LMU (Ludwig-Maximilian-Universität) in München das BWL-Studium abgeschlossen und ist wieder in seine alte Wahlheimat zurückgekehrt, „weil es mir in Wien einfach besser gefällt.“ In der Gastrobranche ist er Quereinsteiger und ist vielleicht gerade deswegen unbelastet, wenn es um Neues im Chinabereich geht. Das Zauberwort ist Streetfood. Wer schon einmal in einer der Großstädte Chinas gewesen ist, hat sie gesehen, die Radfahrer mit dem Wok, die in breiter Reihe vor den Hotels stehen und kochen was das Zeug hält. „Wenn wir schön essen gehen wollen, dann gibt es für uns nur Streetfood. Nur dort findet man die privaten Rezepte und Gerichte, die wahnsinnig gut schmecken.
Nur die besten setzen sich durch. Wenn einer das 20, 30 Jahre macht, dann ist er wirklich erfolgreich“, ist für Hao logisch und brachte ihn spontan auf die Idee, „aye! So was mache ich auch in Wien!“ Was ihm an Erfahrung fehlt, macht er mit routinierten Mitarbeitern und verlässlichen Beratern wett. Fest steht seine Philosophie, den Gästen Essen und Trinken zu bieten, das in legerer Atmosphäre, eben wie bei Streetfood, zu guten Gesprächen einen Abend lang genossen werden kann.
Für die Drinks hat er einen Bartender, der alle die Tricks kennt, um aus Spirituosen, Softdrinks und Früchten Gaumenkitzler zu mixen, die zu den Speisen passen, die im Junn, so nennt sich das Lokal in der Seilerstätte 14, dazu kredenzt werden. In der Küche werkt Master Li, der auf vierzig Jahre Kochkunst zurückblicken kann. Als Opener hat er gebackenen Tofu zubereitet, mit süß-scharfer Sauce, gefolgt von einer fruchtigen Maracuja Salsa, die mit Tacos aus deren Schale herausgelöffelt wird.
Wieder gibt es den passenden Cocktail. Falls jemand nicht so sehr auf Barkreationen steht, dann hat man im Junn auch Bier (japanisch, chinesisch, salzburgisch) oder Wein von ausgesuchten Winzern auf Lager. „Am beliebtesten sind der Gemischte Satz von Edlmoser, ein Gelber Muskateller vom Südsteirer Wohlmuth und die Asia-Cuvée vom Weingut Mayer am Pfarrplatz“, durfte der Junggastronom mittlerweile feststellen. Er selbst ist Antialkoholiker und beschränkt sich auf das Verkosten der Drinks und Weine.
Hao nimmt sich gern die Zeit, den Gästen von seiner ursprünglichen Heimat zu erzählen, vor allem von den Essgewohnheiten, die sich doch sehr von den unseren unterscheiden. Dim Sum, die köstlichen Teigtascherln, sind ein guter Aufhänger. „Wir stecken sehr viele kulturelle Elemente in unser Essen hinein“, beginnt er die kulinarische Reise, „sie kommen aus Kanton, wo man sie im Teehaus dazubestellt hat. Wan Tan ist im Grunde das Gleiche und wird im Süden Wolkenschluck genannt.
Nach dem Krieg herrschte große Armut. Die Leute mussten etwas finden, um die ganze Familie ernähren zu können. Innereien, viel Gemüse und Kartoffelmehl wurden in die Taschen aus Weizenteig gepackt und entweder in die Suppe gegeben oder mit einer Sauce serviert.“ In seiner Küche werden mittlerweile 18 verschiedene Saucen hergestellt und es werden noch mehr werden, denn in China hat er geschickt ein Netzwerk an Spionen aufgebaut, die ungeniert neugierig in die Kochtöpfe der verschiedenen chinesischen Küchen blicken und ihm verlässlich die Rezepte weitergeben.
Wesentlich ist aber das Runde. „Deswegen sitzen wir auch um einen kreisförmigen Tisch herum“, erklärt Hao einen für uns eher ungewöhnlichen Brauch, „wenn wir uns wiedersehen, dann haben wir uns im Kreis gedreht. Als Symbol gibt es zu Neujahr dann süße Klebreisbällchen mit Nuss- oder Sesamfüllung, die vor allem die Kinder gerne mögen.“ Ein großes Thema sind auch die kleinen Spieße, die ebenfalls aus mageren Zeiten stammen, im Junn aber mit Hühnchen, Lamm oder Seafood gegrillt werden.
Wer mag, bekommt Reis dazu, jedoch nicht ohne Kommentar: „Als die Chinesen noch arm waren, war es das Hauptgericht, alles andere war nur Beilage.“ Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ließ man ihn weg. „Man will damit zeigen, dass es einem gut geht. Man sitzt zu acht um den Tisch herum und dreißig Gerichte werden serviert. Man kann die alle gar nicht essen.
Hauptsache, die Eingeladenen fühlen sich wohl, wenn ich selbst auch monatelang danach nur Reise zum essen habe“, lacht Hao, der von derlei Verschwendung seiner Landsleute überhaupt nichts hält, um ernst hinzuzufügen, „denn alles ist mit Liebe gekocht und darf nicht weggeschmissen werden.“ In seinem Lokal trifft also ursprüngliches China auf österreichische Lebensart, um bei Streetfood und anregenden Drinks entspannt zu den vielfältigen Genüssen aus dem Reich der Mitte zu reisen.