Kultur und Weindas beschauliche Magazin10 Jahrgänge NEUSTIFTER Stockkultur NEUSTIFTERS STOCKKULTUR Der Grüne Veltliner für die Kellerkatz´
Sieben Mal im Jahr muss der Winzer um den Stock herumgehen, lautet eine alte Weisheit der Weinbauern, und das in sehr demütiger Haltung, denn die meiste Arbeit ist weit unten zu erledigen. Schon die Römer pflegten die Stockkultur, über Jahrtausende war und ist sie zum Teil noch im Gebrauch, um die Reben zu erziehen, wie es in der Fachsprache heißt. In unseren Landen wurde diese mühselige Methode erst mit der Einführung der von Lenz Moser (1905-1978) entwickelten Hochkultur, die eine ganze Reihe von Vorteilen brachte, abgelöst. Seither überziehen ordentliche Reihen von Weinstöcken die Rieden in ganz Österreich. In ganz Österreich? Nein! Ein wackerer Winzer in der Weinstadt Poysdorf hat sich der Stockkultur verschrieben, zumindest in einem kleinen Teil seiner Weingärten, der mit Grünem Veltliner, der Leitsorte des Weinviertels, bestockt wurde.
Anno 2007 wurden in der Ried Steinberg die ersten Rebstöcke auf dem tiefen Löss dieser Lage ausgepflanzt; nicht ohne die Kollegen fragen zu lassen: „Warum tut sich der Neustifter Karl das an?“ Seine Antwort ist überzeugend: „Wir wollten ein Stück Geschichte schreiben und das Potential der heimischen Rebsorte voll und ganz ausschöpfen.“ Mit „wir“ ist auch Tochter Monika gemeint, die mit dem Vater gemeinsam das Weingut führt. An den Stöcken ist ausschließlich Handarbeit möglich. Die einzelnen Schritte, so Karl Neustifter, werden vom Weinstock vorgegeben. Die Zeitfenster sind extrem kurz und eine Unterlassung wird kaum verziehen, weiß Monika, die ebenfalls mit der Planung der Abläufe betraut ist. Es beginnt damit, dass die Stöcke knapp über dem kurzen Holz beschnitten werden, um im Frühjahr die ausgewählten Triebe gen Himmel wachsen zu lassen. Immer und immer wieder muss Hand angelegt werden, bis geerntet werden kann. Die Traubenzone bleibt jedoch in Bodennähe und erfordert tiefe Verbeugungen bei der Lese. Das Ergebnis dieser Plagerei lässt sich jedoch sehen, besser, mit großem Vergnügen verkosten. Nach traditioneller Gärung auf der Maische und zwölf Monate Ruhe auf der Hefe im (teils gebrauchten) Eichenfass entsteht Wein, der bei fachgerechter Lagerung bis zu 25 Jahre Höchstform garantiert. Die goldgelbe Farbe ist intensiv, der Duft eine feine Mischung aus Holz und Frucht, der Geschmack komplex und reich an Extrakten mit langer Erinnerung im Abgang. Eine Vertikale von 2010 bis 2020 lässt Begeisterung aufkommen. Abgefüllt wird in die Burgunderflasche, die mit der aufgedruckten Kellerkatze anstelle eines Etiketts unverkennbar ist. Für die Gestaltung dieses tierischen Symbols für den besten Wein im Keller werden für jeden Jahrgang Künstler engagiert; so der Tscheche Emanuel Ranný 2020, Christine Eigner 2019 oder 2017 der Lokalmatador LAF Wurm. Die Flaschenzahl ist mit 3000 limitiert. Als Begleitung eines Diners im nahen Wein.Hotel Neustifter, in dem Monikas Bruder Roman als Küchenchef das familiäre Team komplettiert, sind jedoch stets alle Jahrgänge dieses auf alte Weise neu gekelterten Weins vorrätig und mit Wonne zu genießen. Statistik |